Transglycosidierungsprozesse unter Verwendung von D-Glucose als Rohstoff.
Die Fischer-Glycosylierung ist die einzige chemische Synthesemethode, die die Entwicklung der heutigen wirtschaftlichen und technisch ausgereiften Lösungen für die großtechnische Produktion von Alkylpolyglucosiden ermöglicht hat. Produktionsanlagen mit Kapazitäten von über 20.000 t/Jahr wurden bereits realisiert und erweitern die Produktpalette der Tensidindustrie um oberflächenaktive Substanzen auf Basis nachwachsender Rohstoffe. D-Glucose und lineare C8-C16-Fettalkohole haben sich als bevorzugte Ausgangsstoffe erwiesen. Diese Edukte können durch direkte Fischer-Glycosylierung oder durch zweistufige Transglycoside von Butylpolyglycosid in Gegenwart eines Säurekatalysators in oberflächenaktive Alkylpolyglycoside umgewandelt werden, wobei Wasser als Nebenprodukt entsteht. Wasser muss aus dem Reaktionsgemisch abdestilliert werden, um das Reaktionsgleichgewicht in Richtung des gewünschten Produkts zu verschieben. Im Glycosylierungsprozess sollten Inhomogenitäten im Reaktionsgemisch vermieden werden, da diese zur übermäßigen Bildung von sogenannter Polydextrose führen können, was höchst unerwünscht ist. Viele technische Strategien konzentrieren sich daher auf die homogenen Edukte n-Glucose und Alkohol, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Polaritäten nur schwer mischbar sind. Während der Reaktion bilden sich glykosidische Bindungen sowohl zwischen Fettalkohol und n-Glucose als auch zwischen den n-Glucose-Einheiten selbst. Alkylpolyglucoside entstehen folglich als Gemische von Fraktionen mit unterschiedlicher Anzahl von Glucose-Einheiten am langkettigen Alkylrest. Jede dieser Fraktionen besteht wiederum aus mehreren isomeren Bestandteilen, da die n-Glucose-Einheiten bei der Fischer-Glykosidierung im chemischen Gleichgewicht unterschiedliche anomere Formen und Ringformen annehmen und die glykosidischen Verknüpfungen zwischen den D-Glucose-Einheiten an mehreren möglichen Bindungspositionen auftreten. Das Anomerenverhältnis der D-Glucose-Einheiten beträgt ungefähr α/β= 2:1 und scheint unter den beschriebenen Bedingungen der Fischer-Synthese schwer beeinflussbar zu sein. Unter thermodynamisch kontrollierten Bedingungen liegen die im Produktgemisch enthaltenen n-Glucoseeinheiten überwiegend in Form von Pyranosiden vor. Die durchschnittliche Anzahl n-Glucoseeinheiten pro Alkylrest, der sogenannte Polymerisationsgrad, ist grundsätzlich eine Funktion des Molverhältnisses der Edukte im Herstellungsprozess. Aufgrund ihrer ausgeprägten tensidischen Eigenschaften sind Alkylpolyglycoside mit einem Polymerisationsgrad zwischen 1 und 3 besonders bevorzugt, weshalb bei diesem Verfahren etwa 3–10 Mol Fettalkohol pro Mol n-Glucose eingesetzt werden müssen.
Der Polymerisationsgrad nimmt mit zunehmendem Fettalkoholüberschuss ab. Die Abtrennung und Rückgewinnung des überschüssigen Fettalkohols erfolgt durch mehrstufige Vakuumdestillationsverfahren mit Fallfilmverdampfern, die eine möglichst geringe thermische Belastung ermöglichen. Die Verdampfungstemperatur sollte gerade hoch und die Kontaktzeit in der heißen Zone gerade lang genug sein, um eine ausreichende Destillation des überschüssigen Fettalkohols und ein Fließen der Alkylpolyglucosidschmelze zu gewährleisten, ohne dass nennenswerte Zersetzungsreaktionen auftreten. Vorteilhafterweise werden durch eine Reihe von Verdampfungsschritten zunächst leichtsiedende Anteile, dann die Hauptmenge an Fettalkohol und schließlich der restliche Fettalkohol abgetrennt, bis die Alkylpolyglucosidschmelzen als wasserlösliche Rückstände vorliegen.
Selbst bei schonender Synthese und Verdampfung des Fettalkohols kommt es zu unerwünschten Braunfärbungen, die zur Veredelung der Produkte Bleichprozesse erforderlich machen. Als geeignete Bleichmethode hat sich die Zugabe von Oxidationsmitteln wie Wasserstoffperoxid zu wässrigen Zubereitungen von Alkylpolyglucosiden im alkalischen Medium in Gegenwart von Magnesiumionen erwiesen.
Die vielfältigen Untersuchungen und Varianten bei Synthese, Aufarbeitung und Raffination zeigen, dass es auch heute noch keine allgemeingültigen Komplettlösungen zur Erzielung spezifischer Produktqualitäten gibt. Vielmehr müssen alle Prozessschritte erarbeitet, aufeinander abgestimmt und optimiert werden. Dieses Kapitel liefert Anregungen und beschreibt praktikable technische Lösungsansätze sowie die gängigen chemischen und physikalischen Bedingungen für Reaktionsführung, Trenn- und Raffinationsprozesse.
Alle drei Hauptverfahren – homogene Transglycosidierung, Slurry-Verfahren und Glucose-Feed-Technik – sind industriell einsetzbar. Bei der Transglycosidierung muss die Konzentration des Zwischenprodukts Butylpolyglucosid, das als Lösungsvermittler für die Edukte D-Glucose und Butanol fungiert, im Reaktionsgemisch über etwa 15 % gehalten werden, um Inhomogenitäten zu vermeiden. Aus demselben Grund muss die Wasserkonzentration im Reaktionsgemisch für die direkte Fischer-Synthese von Alkylpolyglucosiden unter etwa 1 % gehalten werden. Bei höheren Wassergehalten besteht die Gefahr, dass die suspendierte kristalline D-Glucose zu einer klebrigen Masse wird, was zu schlechter Weiterverarbeitung und übermäßiger Polymerisation führen würde. Effektives Rühren und Homogenisieren fördern die Feinverteilung und Reaktivität der kristallinen D-Glucose im Reaktionsgemisch.
Bei der Wahl des Syntheseverfahrens und seiner anspruchsvolleren Varianten sind sowohl technische als auch wirtschaftliche Faktoren zu berücksichtigen. Homogene Transglycosidierungsverfahren auf Basis von D-Glucosesirupen erscheinen für eine kontinuierliche Produktion im großen Maßstab besonders vorteilhaft. Sie ermöglichen dauerhafte Einsparungen bei der Kristallisation des Rohstoffs D-Glucose in der Wertschöpfungskette, die die höheren Einmalinvestitionen für den Transglycosidierungsschritt und die Butanolrückgewinnung mehr als kompensieren. Die Verwendung von n-Butanol birgt keine weiteren Nachteile, da es nahezu vollständig recycelt werden kann, sodass die Restkonzentrationen in den gewonnenen Endprodukten nur wenige ppm betragen, was als unkritisch angesehen werden kann. Die direkte Fischer-Glycosidierung nach dem Slurry-Verfahren oder der Glucose-Feed-Technik verzichtet auf den Transglycosidierungsschritt und die Butanolrückgewinnung. Sie kann ebenfalls kontinuierlich durchgeführt werden und erfordert einen etwas geringeren Investitionsaufwand.
Die zukünftige Verfügbarkeit und Preisentwicklung fossiler und nachwachsender Rohstoffe sowie weitere technische Fortschritte bei der Herstellung und Anwendung von Alkylpolyglucosiden werden voraussichtlich einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von Marktvolumen und Produktionskapazitäten haben. Die bereits existierenden praktikablen technischen Lösungen für die Herstellung und Anwendung von Alkylpolyglucosiden können Unternehmen, die entsprechende Verfahren entwickelt haben oder bereits anwenden, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil auf dem Tensidmarkt verschaffen. Dies gilt insbesondere bei hohen Rohölpreisen und niedrigen Getreidepreisen. Da die Fixkosten für die Herstellung von Massentensiden auf einem üblichen Niveau liegen, können selbst geringe Preissenkungen bei nativen Rohstoffen die Substitution von Tensiden vorantreiben und die Errichtung neuer Produktionsanlagen für Alkylpolyglucoside deutlich fördern.
Beitragszeit: 11. Juli 2021